Jen kam am Nachmittag angerannt und teilte mir mit, dass sich nun doch eine Gelegenheit ergeben würde, Morgen das Okavango Delta zu sehen.
Es war selbst für sie, als Reiseagentin sehr schwierig eine Tour zu finden. Es ist Januar und somit absolut nicht Saison und dann ist halt immer noch die Geschichte mit diesem Virus. Keine Touristen = Keine Touren.
Eine Frau aus Südkorea hatte den selben Plan wie ich und somit passten unsere Zeitfenster um das Delta zu besuchen perfekt zusammen. Mit einem Safari-Jeep fuhren wir geschlagene 2.5 Stunden in das Delta hinein. Hauptsächlich auf nicht asphaltierter Strasse und durch grosse Pfützen die unser Jeep fast vollständig unter Wasser setzte.
Die Tour bestand aus einem Game Drive, einer Mokoro (traditionelles Holzboot) - Fahrt durch das Delta und einer Walking Safari.
Wir konnten viele Tiere sehen. Unglaublich viele Zebras, Giraffen, Blue-wild-beasts und Vögel in den Schönsten Farben.
Die Boots tour um die grunzenden (aber nicht erkennbaren Hippos war ein unglaublich schönes Erlebnis. Bei der Walking Safari entdeckten wir ein kürzlich gerissenes Impala. Nur noch komplett gesäubert Knochen konnten wir vorfinden.
Es war ein wunderschöner Tag und ich bin glücklich konnte ich das Delta tatsächlich noch sehen.
Nach einigen schönen Tagen in Maun, verliess ich die Stadt also wieder.
Eigentlich wollte ich Heute ja nur etwa 20 Kilometer fahren. Dort soll es einen Campingplatz geben etwas ausserhalb von Maun. Da ich sowieso schon etwas spät dran war und ich noch ein Paket zu DHL bringen wollte, schien mir das eine gute Lösung dort zu übernachten. Ansonsten würde es für 100 Kilometer nämlich keine Übernachtungsmöglichkeit mehr geben. Das Paket war bei DHL und die 20 Kilometer zum Camping respektive zum Schild an der Hauptstrasse schnell zurückgelegt. Afrika ist gemacht für Safari Jeeps. Mit einem Safari Jeep macht es nämlich keinen grossen Unterschied ob sich der Camping 500 Meter oder 5 Kilometer Sandstrasse befindet. Wie man sich vielleicht vorstellen kann; mit dem Bike schon. Die Strasse besteht aus weichem Sand und selbst das Schieben ist unglaublich mühsam. Befahrbar sind solche Strassen nicht mit einem Fahrrad. Jedenfalls lief ich bestimmt 5 Kilometer auf dieser sandigen Piste, die auch immer wieder durch Wasserpfützen und grossen Schlaglöchern gezeichnet war. Immer wieder Mal ein Schild - der Camping jedoch schien noch immer weit... Ich bekam schlechte Laune und machte kehrt. Schliesslich soll es nur etwas die Strasse runter noch einen Platz geben. Kein offizieller Campingplatz aber ein Übernachtungsplatz für Overlander-Trucks. Dort werde ich sicher mein kleiner Zelt auch für eine Nacht aufstellen könne. So nahm ich fluchend den mühseligen Weg zurück zur Hauptstrasse in Angriff und konnte nun endlich wieder auf asphaltierter Strasse fahren.
Der Rastplatz den ich nun für die Übernachtung im Auge hatte, existierte nicht mehr und so blieb mir nichts anderes übrig als weiterzuführen.
Dann wieder ein Schild an der Strasse - ein Campingplatz. Das Tor war allerdings mit einem Schloss verschlossen. Da ich tatsächlich etwas Netz hatte, rief ich die Nummer auf dem Schild an.
Ich erklärte dem Typen, dass ich mit einem Fahrrad unterwegs und auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit bin.
Er erklärte mir, dass sie im Moment eigentlich geschlossen hätten aber er würde mir das Tor öffnen. Dann einen kurzen Moment Stille in dem er wohl einen warnenden Blick seiner Frau bekam.
Ich hörte sie irgendwas wettern und so musste mir dann Russell erklären, dass sie halt wirklich im Moment geschlossen hätten und Niemanden reinlassen würden.
Als er merkte, dass ich auf dem Weg nach Ghanzi war und dass für 70 Kilometer keinen Camping und keine Lodge kommen würde und er einer der wenigen Menschen war, der wohl tatsächlich schon Mal auf einem Fahrrad gesessen hatte und deshalb wusste wie weit 70 Kilometer sein konnten, nahm er nochmals allen Mut zusammen um seine Frau zu fragen ob nicht vielleicht doch.... Nein Nein Nein....
Es tue ihm wirklich Leid....
Immer wieder gibt es doch solche Situationen im Leben und immer sind es die Frauen die so ein Theater machen.
Was stimmt nicht mit denen?
Jedenfalls; Armer Mann. Ich spürte regelrecht wie die zwei sich nun den ganzen Nachmittag ansäuerten und später anschwiegen.
Auch wenn ich nun noch viele Kilometer radeln muss... Ich möchte nicht tauschen.
Erstaunlich gut kam ich voran und schaffte es tatsächlich bis nach Sehitwa und fand eine tolle Lodge wo ich mir ein Zimmer gönnte.
Der nächste Tag startete mit einer kleinen Schauer und diesmal einer hügeligen Strasse. Für botswanische Verhältnisse versteht sich. Für uns Schweizer immer noch topfeben. Ich schaffte etwa 75 Kilometer Heute und fand dann wieder einen Campingplatz der eigentlich gar nicht existierte und vor allem nicht geöffnet hatte.
Dieser Besitzer hatte wohl aber Keine/nicht so Komplizierte/nicht Anrufabhörende Frau. Jedenfalls stand es nicht zur Debatte ob ich campen durfte...Die Sanitären Anlagen seien im Moment ausser Betrieb aber es gibt Wasser. Perfekt für mich.
Ich schlief gut auch wenn es am frühen Abend etwas geregnet hat. So kam ich aber in den Genuss von einigen Regenbogen. Das Wetter hier in Botswana ist so ein bisschen Alles. Viel Sonne, etwas Regen, viel Gegenwind, wenn auch nicht sonderlich stark, auf dem Bike merkt man diesen schon gegen sich arbeiten.
Besonders am nächsten Tag wurden mir die 70 Kilometer bis zum El-Fari Camp ziemlich schwer gemacht.
Wilde Tiere habe ich auf diesem Abschnitt nun keine mehr gesehen.
El-Fari Camp ist ein kleines Camp mit den ungelogen schönsten sanitären Anlagen, die ich je gesehen habe in Afrika.
So kam es dann auch, dass ich wieder Mal darin übernachtete. Ich war- wie immer - alleine auf dem Camping und der Raum gross und sauber.
Der nächste Tag war sehr ähnlich. Landschaftlich nicht sonderlich interessant. Jedoch liebe ich die weissen Quellwolken am Himmel. Es sind die Botswanischen Farben. Weiss und dieses Hellblau.
Ich fahre im Moment durch die Kalahari-Wüste. Es fühlt sich aber nicht unbedingt nach Wüste an, den alles ist Grün und ich kann manchmal sogar einige Blumen sehen.
Ja da war sogar einmal ein Bauer der das Gras neben der Strasse gemäht hat. Ja, tatsächlich der mähte die Kalahari.
Ich liebe Wüste. Sie ist so unglaublich öde und zur gleiche Zeit so vielseitig. Genau das mag ich.
Endlich sah ich den Rot-Weissen Schriftzug vom Shoprite in Ghanzi. Ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und gönnte mir nun ein Mittagessen und sogar noch ein Eis zum Abschluss.
Ich habe eine günstige Lodge gefunden und suchte nun ein Test Center für meinen PCR Test, den ich brauche für die Grenze zu Namibia.
Erst checkte ich die Klinik aus. Die schickten mich weiter zum Hospiz und diese dann in die Private Klinik. Ich zahlte so viel wie noch nie für den Test. Etwa 80 Franken. Es war Freitag und Morgen ist dieser Ort geschlossen. Bis am Montag schien mir dann schon etwas lang um hier in Ghanzi zu warten. So liess ich den Test also gleich machen.
Zum ersten Mal wurde mir nicht nur einen Nasenabstrich sondern auch noch einen Rachenabstrich genommen.
Ich kämpfte gegen den Würgereflex. Der junge Pfleger sagte dann aber stolz: "I wasn't bad right?" Männer und ihre Selbstüberschätzung. Jungs, nur weil sie nicht gekotzt hat, war es nicht gezwungenermassen gut...
Ich will mir die Haare schneiden lassen und so fand ich den Salon auf Empfehlung der Krankenschwester.
Ratie, die Coiffeuse machte einen guten Job und setzte sich mit meinen Biker Haaren auseinander. Sie Schnitt mir auf meinen Wunsch einiges ab. Mit nichts als einer Rasierklinge(!) Es fühlt sich so gut an. Frei, so wie ich eben bin.
Ich hatte die längste Strecke zu bewältigen mit einem tickenden Corona PCR Test seit ich in Afrika bin. Es sind etwa 250 Km.
Dies kann man zwar sicher schaffen in Drei Tagen aber ich hasse wenn ich so unter Zeitdruck stehe. Für mich war also von Anfang an irgendwie klar, dass ich wohl einen Teil davon mit dem Auto zurücklegen werde.
Ebenfalls war nun klar, dass ich Ghanzi gleich Heute Morgen verlassen musste. Ansonsten wäre ich gerne noch eine Nacht hier geblieben. Es wäre wieder Mal an der Zeit um an einem Ort länger als eine Nacht zu bleiben.
"You can't always get what you want" und wieder einmal passt der Rolling Stones-Ohrwurm, meiner Afrika-Playlist perfekt.
So radelte ich los. Kaum hab ich Ghanzi verlassen, war ich wieder auf einsamer Strasse unterwegs. Mir wurde relativ schnell klar, dass dies mit der Mitfahrgelegenheit schwierig werden konnte. Erst recht, als ich die Strasse nach Gabarone verlassen und die nach Namibia eingeschlagen habe. Keine Autos. Vielleicht Hie und Da ein Truck.
Als ich aber bereits etwa 70 Kilometer zurückgelegt hatte und ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass es zwischen Ghanzi und der Grenze nur eine einzige Übernachtungsgelegenheit gab, die noch immer weit von mir entfernt war, sah ich aber endlich ein Auto hinter mir. Ich stoppte und als es näher kam sah ich, dass es sogar ein Pick-up war. Er hielt an und eine Frau und einen Mann aus Ghanzi begrüssten mich. Sie schienen nett und waren gewillt mich ein Stück mitzunehmen.
Wir luden Arby auf die Ladefläche und ich setzte mich hinter die Frau auf die Rückbank. Der Mann fuhr.
Wir unterhielten uns gerade, als ich plötzlich einen Pistolenlauf unter der zusammengerollten Jacke zwischen den Beiden entdeckte. Oh Scheisse, nicht schon wieder. Ich machte den Plan, falls sie mich bedrohen sollten, ihnen einfach alles zu überlassen. Ich hatte immer noch mich und mein Leben. Vielleicht ist es auch nicht gerade sonderlich sinnvoll diesen Krimi zu lesen, indem der Mörder ständig irgendwelche Frauen in irgendwelchen Autos erschiesst.
Mein Gefühl allerdings sagte mir, dass es gute Menschen waren, bei denen ich im Auto sass.
Dann hielt der Mann plötzlich an - inmitten vom Nichts. Mein Herz klopfte. Auch gute Menschen haben Mal einen schlechten Tag, dacht ich mir.
Ein Mann rannte aus dem Gebüsch auf unser Auto zu. Die zwei Männer wechselten einige Worte in ihrer Sprache und der Typ setzte sich nun neben mich auf den Rückbank. Ich war beruhigt, dass es nur ein weiterer Hitchhiker war. Sein Wagen ist stehen geblieben und er wollte nun nach Charles Hill hitchen um Hilfe zu holen.
Spätestens da war mir klar, dass sie wohl tatsächlich keinen bösen Absichten hatten.
Was die Pistole dann unbedingt neben den beiden unter der Jacke verloren hatte, blieb mir trotzdem ein Rätsel.
Das Ehepaar nahm mich gleich mit, bis kurz vor der Grenze. Es war erst kurz nach Mittag und ich hätte noch Heute nach Namibia fahren können. Ich entschied mich aber dazu, noch eine Nacht in Botswana zu verbringen. Ach, wie hab ich dieses Land geliebt. Die einsamen Strassen, die wilden Tiere, der blaue Himmel mit den weissen Wolken und die Weite. Nur knapp über 2 Millionen Einwohner Leben in diesem riesigen Land. Rund 4.2 Einwohner auf einem Quadratkilometer also.
Einmal mehr frage ich mich, wer wohl im grösseren Luxus lebt. Ein Afrikaner oder ein Schweizer.
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