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Heute wirds mal easy...

Seriously?
Seriously?

Von Kamieskroon aus führte mich die hügelige N7 weiter Richtung Süden.

Als ich eine kleine Pause machte und einen Schluck Wasser aus meiner Flasche trank, spuckte ich diesen gleich wieder raus. Das Wasser, welches ich aus dem Wasserhahn des Campingplatzes rausgelassen hatte, schmeckte salzig. Aus Erfahrung weiss ich, bei salzigem Geschmack hilft auch alles filtern nichts. Darum schmeckte der Kaffee wohl Heute Morgen auch so gar nicht nach lebensrettendem Elixier, sondern irgendwie salzig. Und ich dachte schon mit mir wäre was nicht in Ordnung... 

Öfters hatte ich solches Wasser auf meiner Reise. Davon wird man nicht krank, es schmeckt halt eben einfach nicht. Jedenfalls beschloss ich die nur 50 Kilometer ohne zu trinken hinter mich zu bringen. 

Zum Glück war es nicht so warm. Eigentlich schon fast etwas kühl. Es kam nun sogar soweit, dass ich für den letzten langen Downhill nach Garies mein Longsleeve-Shirt angezogen habe. 

Garies ist ein kleiner Ort mit den bunten südafrikanischen Häusschen.

Ich hielt an der Tankstelle am Dorfeingang um das Treiben im Dorf abzuchecken.

Als Dorfkind weiss ich schliesslich wie die Hierarchie im Dorf aufgebaut ist und wo man die richtigen Menschen trifft um zu bekommen was man braucht. Sobald ich in ein Dorf einfahre, heisst es also allen freundlich zuzuwinken und Gespräche anzufangen. Verstecken kann man sich nicht. Und wenn Dich der Richtige gesehen hat und Du nett zu ihm warst, wird Dir nichts passieren. 

Wenige Sekunden später kennt irgendwie jeder das Girl mit dem Bike und keiner tut mir oder Arby was. 

Ebenfalls bekommt man an Tankstellen oder kleinen Shops am Dorfeingang auch die besten und ehrlichsten Tipps, wo man am besten unterkommt und auch wo nicht. 

In Garies wurde mir zum Beispiel vom Caravan-Park abgeraten. Zu dreckig sei es dort. Ich solle doch lieber ins Sophia's Guesthouse gehen. 

Sophia's Guesthouse ist ein pinkies Gebäude, schon fast am Ende der einen Strasse die durch Garies führt und wo man Zwei, Drei Läden vorfindet. 

Elizna, die Besitzerin begrüsste mich herzlich und zeigte mir ein schönes, grosses Zimmer für 400 Rand. 

Sie war gebeistert mich zu sehen und fand meine Geschichte toll. Sie sagte ich solle ins Restaurant "Die Koperketel" gehen, mir Ort einen Burger bestellen und sie würde dafür bezahlen. 

Sie rief das Restaurant auch gleich an und wenig später wurde mir also der beste Bürger von Garies serviert. Ohne zu übertreiben, es war auch der beste meiner bisherigen Reise. Vielen Dank liebe Elizna. 

Entgegen aller Warnungen über Südafrika, liebe ich dieses Land so sehr. Die Menschen sind unglaublich nett. Schwarz und Weiss. Von Rassismuss spürt man wenig. Wenn auch die Konstellationen zwischen Schwarz und Weiss ziemlich pragmatisch sind. Die Schwarzen sind und bleiben unter sich. Die Weissen auch. Aber man fühlt keinen Hass. Jeder respektiert Jeden. 

Gewalt habe ich bisher keine gesehen in Südafrika sowie auch keine sonstige Kriminalität. Klar bin ich vorsichtig und gebe Acht auf mein Zeug aber das tue ich schon die ganze Reise lang. Auch in der Schweiz. 

Klar gibt es Dinge auf die man achten sollte um die Kriminalität nicht zu fördern. 

Ich trage keinen echten Schmuck. Schon seit Jahren nicht mehr. Ich finde Dinge mit Geschichte eben viel schöner als teurer Schmuck. 

Und zum Thema Uhren sagt ein afrikanisches Sprichwort: Ihr habt die Uhren und wir die Zeit. 

Genau, was nützt einem  denn die teuerste Uhr wenn man keine Zeit hat?

Eine weitere strenge Etappe erwartete mich wieder bis nach Bitterfontein. Südafrika verlangt mir körperlich nochmals einiges ab. Dafür sind die Distanzen nicht mehr ganz so weit und die Landschaft ist einfach unglaublich faszinierend und schön. 

In Bitterfontain steuerte ich auch gleich wieder auf den einzigen, kleinen Laden zu. Die Dame dort riet mir mit nur einem Blick, von der beschriebenen, günstigen Lodge auf der IOverlander App ab. Ich solle doch besser in das Hotel gleich nebenan gehen. Dies tat ich dann auch. Es war das älteste Hotel in dem ich je eingecheckt bin. Es war aber sehr sauber und hatte schon fast wieder Stil mit dem vergilbten Haarfön an der Wand und dem Radio mit Volumendreherad über dem Bett. 

Als ich am Morgen kurz in den Laden und zurück lief, sah mich ein Polizeifahrzeug. Es hupte (so wie ziemlich jedes Auto in Afrika) als es dann aber prompt kehrt machte und mir die kleine Strasse zum Hotel folgte, musste ich nun doch schmunzeln. 

Ernsthaft? Verfolgt mich nun schon wieder die Polizei? Gibts etwa wieder Mal ein Heiratsantrag? Ich grüsste sie freundlich, lief ihnen dann aber einfach davon. 

Dies wird doch wohl kein Verbrechen sein. Mich vor meinem ersten Kaffee anzusprechen geht als Verbrechen durch. 

Anscheinend befanden das die Polizisten dann auch so und folgten mir jedenfalls nicht bis ins Zimmer. 

Ich beschloss Heute nur 20 Kilometer zu fahren. Somit kann ich die Strecke zum nächsten grösseren Ort etwas verkürzen. 

Immer wenn ich denke; "Heut wirds mal easy" ist es garantiert nicht so. Auch heute musste ich mich gegen unglaublich starken Gegenwind kämpfen. Es war ebenfalls eher kühl Heute auch wenn der Thermometer hier auf meinem Campingplatz  25 Grad anzeigt. Immer wieder fürchte ich mich von meiner Rückkehr in die Schweiz. Ich werde wohl sogar im Hochsommer noch frieren. An Hitze  lässt es sich eben viel leichter gewöhnen als an Kälte - für mich jedenfalls. 

Ich war froh war es am nächsten Morgen deutlich wärmer und erst dachte ich sogar windstill. 

Dies stellte sich dann als etwas zu optimistisch raus. Schwächer als gestern war der Wind aber allemal. Ich radelte über Hügel. Rauf und Runter immer abwechselnd. Immerhin waren es bis nach Vanrhynsdorp auch wieder Gute 70 Kilometer. 

Ich musste lachen als ich die Schrift auf dem Haus-Hügel des Towns sah. In der Gegend ist es wohl üblich den Namen des Dorfes mit weissen Steinen auf den Haushügel zu legen. So war in der Vergangenheit zum Beispiel "Steinkopf" "Springbok" gekennzeichnet. 

Hier in Vanrhynsdorp steht nur "V. R. H." 

Es war ein erstaunlich moderner und sauberer Ort. So fand ich schnell eine hübsche Logde und konnte mich von der heutigen Tour erholen. 

Vanrhynsdorp und Umgebung sind wohl bekannt für den sogenannten "superbloom" in der Wüste. In den Monaten August und September sind die Felder bunt und voller Wildblumen. Die Wüste wäre so fruchtbar, mit nur ein bisschen Wasser. Leider verpasse ich den Superbloom um Monate. Ich liebe die Wüste und auf dem PCT habe ich sie schon blühend gesehen. Ich nehme mir vor einmal im Sommer hierherzukommen. 

Der nächste Tag ähnelte sich den Letzten.  Flach ist es eigentlich nie und es gibt lange Steigungen erfolgt von kurzen Abfahrten. 

Ich überholte Zwei Jungs. Der eine zu Fuss und der Andere mit einem modernen, schönen Bike. Nach der nächsten Abfahrt machte ich eine Pause und schon von Weitem könnte ich die beiden Jungs - nun beide auf dem Fahrrad, den Hügel runter brausen sehen. Sie stoppten ebenfalls bei mir und wir tranken Wasser, denn der nächste Aufstieg wartete schon. 

Als der Ältere der beiden eine kleine Glaspfeiffe aus dem Rucksack nahm und der Jüngere Gras in seiner Handfläche zu zerschneiden, fragte ich sie wie alt sie seien und komme mir dabei so schrecklich bemutternd vor. "Stop it... Scheisse Du warst mal cool" dachte ich mir...und dachte an all die "Alten" die uns damals über das Leben, die Liebe und die Musik belehren wollten. Das Früher Alles besser war und sie in diesem Alter  ganz sicher nicht solchen Unfug getrieben hätten... Und wie wir darüber die Augen rollten. 

22 und 5 Jahre alt, war aber dann die Antwort auf meine Frage. 

Bevor sie aber die Pfeiffe zu rauchen anfingen, beteten sie zu Jah - dem Gott der Rastafari. 

Ich weiss nicht aber mir sind Menschen dieser Religion irgendwie  sympathisch... Habe schon viele aber noch nie einen schlechten, unfreundlichen oder agressiven Rastafari kennengelernt. Sie sind ale nett und entspannt. Sie trinken keinen Alkohol und ernähren sich vegetarisch. 

Grünzeug vor Wodka Herr Putin! Vielleicht würds helfen...

Zwischen den Towns gibt es zwar immer noch nicht viel Leben aber Heute hatte ich immerhin gleich Zwei Tankstellen mit Shops dazwischen. Die Gegend wirkt ein bisschen belebter. 

Trotzdem hatte ich Heute wieder eher etwas knapp Wasser dabei. 

Überhaupt war es ein anstrengender Tag.

Ja es gibt viele dieser Momente auf der Strasse, in denen ich eigentlich nicht mehr kann. Ich laut schreie wenn ich kurz aufstehen und mich dann wieder in den Sattel begebe. In denen mir der Schweiss auf von den Haaren auf die Oberschenkel tropft und mir dann die Beine runterläuft. In denen jeder hupt - obwohl es immer nur gut gemeint ist - manchmal nervt... 

Warum ich das dann jeden Tag wieder tue? 

Ich bin wohl einfach vergesslich. Ich brauche nur Kaffee, eine Dusche und mich 2 Minuten hinlegen und zwischendurch eine Glace und meine kleine Welt ist wieder in Ordnung. 

Es ist lächerlich wenn nach einem langen Tag meine "Grundbedürfnisse" wieder gestillt sind, sind all die Strapazen des Tages vergessen. 

Ich weiss auch auf dem PCT gab es diese harten Momente. Je mehr Zeit aber vergeht, kann ich mich nur noch an die so vielen Schönen erinnern. 

Nun sehe ich die ersten Rebberge und fand einen hübschen Camping nur etwa 30 Km vor dem nächsten grösseren Ort. 

Nach  dem erfrischenden Bad im See, viel Wasser und Kaffee war es ein wunderschöner Tag Heute. Ich schlief zum schnurren von vier Kätzchen vor meinem Zelt ein. 

Nun ist es Montag. So ein richtiger Montagmorgen. Als ich den kleinen Hang hochfahren wollte bis zur Reception des Campingplatzes bemerkte ich, dass ich wieder einmal einen platten Hinterreifen hatte. So reparierte ich also noch vor der wirklichen Abfahrt erst Mal meinen Reifen. Ich wollte eigentlich meinem optisch sehr sehr sehr abgefahren Pneu aber noch eine Chance geben und wechselte vorerst nur den Schlauch. Dies reichte mir immerhin den ersten Kilometer schiebend den Kiesweg durch den Rebberg hoch und die ersten Drei Kilometer auf dem Asphalt hinter mich zu bringen. Schon bemerkte ich aber einen erneuten Platten. 

So wechselte ich wieder einmal den Schlauch und nun auch Pneu in brütender Hitze. 

Immer wenn ich denke "Heut wirds Mal easy" wirds garantiert nicht easy. 

Kilometer werde ich Heute nämlich nur etwa 25 zurücklegen. 

Nach diesem aufwühlenden Morgen schaffte ich es aber nun nach Clanwilliam. Ein schöner Ort mit allem was man braucht. 

Bei der Tankstelle erkundigte ich mich nach einer günstigen Lodge und die nette Dame reichte mir die Nummer einer anderen netten Dame die gleich um die Ecke kam und sich um mich kümmerte. 

Sie ist eine Art Tourguide und ihr Name ist Nelda. 

Kurze Zeit später war ich in einem liebevoll gepflegten Guesthouse untergebracht. 

Nachdem die Männer grad vor meinen Augen eine Cape Cobra erlegten (hochgiftige, tödliche Schlange) quartierte ich mich in ein herziges Cottages im Garten ein. 

Wow für den Preis kann man echt nichts sagen. 

Ich fragte Nelma ebenfalls um Ratschläge für eine Wanderung am Cederberg und auch da konnte sie mir weiterhelfen.

So holte mich am nächsten Tag mein Guide Garry um 6:30 ab. Es war nur eine kleine Wanderung die wir unternahmen. Wegen der Hitze wird einem aber zu einem frühen Start geraten. Mit dem Auto fuhren wir dann über den Parkhuispass (wo man früh morgens sogar einige Radfahrer sehen konnte) und von dort liefen wir dann los, über und durch die roten Sandsteinfelsen des Cederbergs. Die Sonne strahlte uns ins Gesicht und immer wieder zeigte mir Garry Malereien an den Steinen die von Schamanen aus vergangener Zeit stammen. Die Schamanen hätten diese in Trance gemalt. Die Trance hätten sie nicht durch Drogen sondern durch Tanzen und Singen erreicht. 

Nach nur etwa Drei Stunden war die kleine Wanderung aber dann schon vorbei und ich genoss den Rest des Tages in Clanwilliam.

Die Gegend ist bekannt durch seinen Rooibos-Tee Anbau. Auf der Fahrt hierhin habe ich auch schon die ersten südafrikanischen Rebberge bestaunen können.

Nun freue ich mich auf die Fahrt zum Atlantik, dem ich dann auf meinem letzten Kilometern meiner Reise weiter südlich folgen werde. 

 

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